Genau erklärt –
so zeichnest Du eine Orange –
Tutorial zum Thema Textur zeichnen

Natürlich weißt Du wie eine Orange aussieht.
Aber reicht das was Du weißt aus, um eine Orange zu zeichnen?

Anwendung:

Grundlegendes

Dauer:

15 Minuten

Material:

beliebig

Schwierigkeit

leicht

Worum geht es?

Was macht die Orange zu einer Orange? Sehen wir einmal genau hin!

Von: Rainer Schmitten

Natürlich weißt Du, wie eine Orange aussieht. Ebenso weißt Du sicher auch wie eine Orange schmeckt.

Doch nun versuche einmal, diesen speziellen Geschmack mit Worten zu beschreiben!
Du wirst merken, dass viel Erfahrung dazugehört um eine Beschreibung zu finden, die genauer ist als „irgendwie süß und sauer“ oder schlicht „lecker“.

Genau so verhält es sich mit dem Bild der Orange, das wir im Kopf haben: wenn Du sie zeichnen möchtest, ist es wahrscheinlich nicht genau genug. Du brauchst eine Vorlage, von der Du abzeichnen kannst.

So geht es mit den meisten Dingen die wir zeichnen möchten: wir wissen zwar, wie etwas aussieht, aber um es zu zeichnen ist unser Bild davon nicht genau genug!

In diesem Tutorial zum Thema Textur zeichnen schauen wir ganz genau hin:

  • Was genau ist eigentlich zu sehen?
  • Was genau muss gezeichnet werden, damit die Orange auch als Orange erkannt wird?
Eine ganz normale Orange

Inhalte

Also legen wir los!

Über die Einträge in der nummerierten Liste kannst Du mit einem Click direkt zu den einzelnen Abschnitten des Tutorials springen.

Schritt für Schritt

Das Objekt und das Umfeld

Wie lässt sich das Objekt vom Umfeld unterscheiden?

Zuallererst mal durch die Silhouette. Das ist der äußere Rand des Objekts, der Umriss oder die Kontur.

Diese bildet die sichtbare Grenze zwischen der Orange und ihrem Umfeld.

Bei unserer Orange beschreibt die Silhouette fast einen Kreis.

Die Kontur der Orange

Das Umfeld ist in unserem Beispiel eine flache (plane), karierte Fläche.

Diese Fläche wirkt irgendwie „räumlich“, es gibt „hinten“ und „vorne“.

Das Bild zeigt eine perspektivische Ansicht. Du kannst das an den Linien erkennen, die nach hinten enger zusammenlaufen.

Das perspektivische Umfeld der Orange
Hinweis

Was Perspektive ist, was sie bewirkt, und wie man sie zeichnet, ist ein riesiges Thema, das an dieser Stelle nicht behandelt werden soll. Wenn es Dich interessiert, schreibe einen Kommentar unter diesen Beitrag. Wenn sich viele Leser dafür interessieren, mache ich dazu ein eigenes Tutorial.

Was unterscheidet sich noch?

Da haben wir noch die Farbe der Orange. Die ist natürlich orange. Sie könnte aber auch blau oder rot oder lila sein, das ist eigentlich völlig egal. Machen wir sie aber der Einfachheit halber orange.

Nun haben wir also einen orangenen Kreis. Sieht noch nicht so richtig wie eine Orange aus, oder?

Es fehlt irgendwie das Kugelige.

Wie bekommen wir nun hin, dass die Orange „wie in echt“ aussieht? Womit können wir das kugelige Aussehen erzeugen?

Farbe und die Kontur allein macht noch keine Orange
Erkenntnis

Allein Farbe und Form reichen nicht aus, um ein Objekt eindeutig und unmissverständlich zu beschreiben!

Die Fläche und der Körper

Wie wird aus der flachen Fläche ein räumlicher Körper?

Schauen wir uns mal den Teil der Orange innerhalb der Kontur genau an: hier sehen wir, dass die Fläche nicht überall die gleiche Farbigkeit hat.

Auf der einen Seite ist die Farbe heller und auf der anderen Seite ist sie dunkler.

Du weißt sicher schon, was das verursacht: es ist das Licht.

Die Oberfläche einer Orange im Detail

Vom Schatten …

Das Licht kommt aus einer bestimmten Richtung und fällt auf die Orange.

Die hält das Licht davon ab, das direkte Umfeld zu beleuchten, deshalb fällt ein Schatten auf die Fläche, auf der die Orange liegt.

Form, Farbe und Schattenwurf
Hinweis

Es ist übrigens der Schatten, der das Objekt mit dem Umfeld verbindet.

Er zeigt an, in welchem Verhältnis das Objekt zu seinem Umfeld steht: ob die Orange auf dem Boden liegt oder, wie in diesem Beispiel, darüber schwebt.

Die Form des Objekts, das Umfeld und der Schatten sind gleich, nur die Position des Schattens hat sich geändert!

Der Schatten verbindet das Objekt mit dem Umfeld

… zum Licht

Durch das Licht wird die Oberfläche der Orange auf der einen Seite heller und gegenüber, auf der Schattenseite, wo weniger Licht ankommt, ist die Oberfläche dunkler.

Die Orange muss also auf der beleuchteten Seite heller und auf der schattigen Seite dunkler sein.

Die Helligkeit der Farbe zwischen hell und dunkel – also die „neutrale“ Farbe – muss irgendwo dazwischen liegen.

Die Orange mit heller und dunkler Seite
Erkenntnis

Du brauchst mindestens drei Helligkeitswerte (hell, mittel & dunkel) für ein Bild mit Licht und Schatten.

Zwischenruf

Das Licht genau betrachtet

Wie kommt die Beleuchtung zustande?

Klicke Dich durch die einzelnen Bilder um zu erfahren, wie die Lichtsituation in dem Beispielfoto zustande kommt und was sie bewirkt.

Hauptlicht von links

direktes Licht auf einer Orange

Das Hauptlicht trifft von links auf die Orange, der Schatten fällt nach rechts.

Indirektes Licht

indirektes Licht auf einer Orange

Indirektes Streulicht aus verschiedenen Richtungen hellt die Ränder des Schattens auf und formt einen weichen Übergang von hell zu dunkel.

Licht von Reflektionen

reflektiertes Licht auf einer Orange

Vom Boden reflektiertes Licht hellt den Schatten an der Orange auf, nur ein kleiner Teil an der Orange bleibt dunkel.

Was bedeutet das für Deine Zeichnung?

Du erkennst, dass es nicht nur drei, sondern viel mehr Abstufungen der Helligkeit auf der Oberfläche gibt.

Je genauer Du diese Unterschiede beobachtest und zeichnest, um so realistischer wird Deine Zeichnung. Das kannst Du so weit treiben und so genau machen, bis Dein Bild aussieht wie ein Foto.

Eine Fleißaufgabe für Geduldige ist es, jeden Unterschied der Helligkeit auf der Oberfläche ganz genau abzuzeichnen.

Details für die Räumlichkeit

Hinweis

Eine größere Herausforderung, als Details hinzuzufügen ist es, Details wegzulassen und die Dinge zu vereinfachen. Denn die Frage dabei ist immer: was kann ich weglassen und was nicht? Die Antwort darauf möchte ich Dir hier geben.

Die Orange braucht mehr Details

Nach unserer Betrachtung der Lichtsituation sollten wir noch ein paar Details beim Licht ergänzen: einen helleren Bereich auf der Lichtseite (den Lichtpunkt) und die Reflektion des Lichts vom Boden.

Nun verwenden wir fünf Helligkeitswerte (ganz hell, hell, mittel, dunkel, ganz dunkel).

Sieht doch gleich noch viel räumlicher aus!

Die Orange mit heller und dunkler Seite

Als nächstes braucht die Orange natürlich einen Stielansatz. Ein sehr markantes Detail.

Damit sieht die Zeichnung schon ziemlich nach Orange aus.

Das bekommen wir aber noch besser hin und das sogar mit kaum mehr Aufwand!

Der Stielansatz ist ein markantes Detail einer Orange.

Schauen wir also noch einmal auf die Fläche innerhalb der Kontur.

Dort sind viele Unregelmäßigkeiten oder Störungen auf der Oberfläche zu sehen. Diese Störungen sind unterschiedlich groß und unterschiedlich geformt.

Aber eines haben sie gemeinsam: auf alle fällt Licht und alle werfen Schatten!

Es gibt längliche Täler, runde Mulden, punktförmige Pickel, Krater, Hügel und Beulen: eine richtige Orangenhaut.

Die Oberfläche einer Orange im Detail
Hinweis

Die Störungen in der Oberfläche haben eine eigene Licht und Schattenseite. Die große Einbuchtung am Stielansatz ebenso, wie die winzigen Krater und Poren.

Zwischenruf

Textur – Die Beschaffenheit der Oberfläche im Übergang von Licht zu Schatten

Wie lassen sich die Störungen auf der Oberfläche zeichnen?

Klicke Dich durch die einzelnen Bilder um zu erfahren, wie sich die Störungen auf den Übergang von der Licht- zur Schattenseite auswirken und wie Du das zeichnen kannst.

Die Trennlinie zwischen heller und dunkler Seite der Orange

Die zentrale Trennlinie zwischen heller und dunkler Seite der Orange

unscharfe Orange

Augen zusammenkneifen um unscharf zu sehen. Ein unscharfes Bild macht das Erkennen der unterschiedlichen Helligkeitswerte leichter.

Eine genauere Trennlinie zwischen heller und dunkler Seite der Orange

Eine genauere Trennlinie zwischen heller und dunkler Seite der Orange zeigt mehr Details.

Die Oberfläche einer Orange im Detail

Schauen wir genauer hin, werden noch mehr Details sichtbar.

Eine detaillierte Trennlinie zwischen heller und dunkler Seite der Orange

Wir können die Trennlinie zwischen dunklen und hellen Bereichen noch genauer zeichnen.

Eine sehr detailreiche Trennlinie zwischen heller und dunkler Seite der Orange

Wir erkennen auch dunklere Bereiche neben der Trennlinie im beleuchteten Bereich …

Eine sehr detailreiche Trennung zwischen heller und dunkler Seite der Orange

… ebenso, wie hellere Bereiche auf der schattigen Seite.

Was bedeutet das für Deine Zeichnung?
  • Grundsätzlich gilt: arbeite vom Groben zum Feinen. Also von der einfachen Trennlinie über grobe Störungen zu feinen Störungen.
  • Beobachte genau die Trennung zwischen den Helligkeiten und behalte den Unterschied bei. (Das ist Übungssache und Du wirst darin immer besser, je öfter Du es machst.)
  • Achte genau auf die Form und Richtung der Störungen und „Inseln“! Das ist sehr wichtig, damit unser Gehirn vorne und hinten, oben und unten richtig erkennt. Das musst Du nicht verstehen – mach es einfach.
  • Der genaue Verlauf der Trennlinie ist nicht so wichtig: so lange die Form und Richtung der Störungen und „Inseln“ stimmt, erscheint Deine Zeichnung richtig!

Details für die Oberfläche – Textur zeichnen

Also zeichnen wir die detaillierte Oberfläche!

Die Form des Schattens wird durch die Unregelmäßigkeiten auf der Oberfläche verändert.

Zeichne den Schattenbereich in der helleren Schattenfarbe und ergänze am Rand die Störungen auf der Oberfläche: größere „Buchten“ mit kleineren Ausbuchtungen darin.

Große Störungen auf der Lichtseite machen einen eigenen Schatten (ja, auf der Lichtseite)!

Details auf der Schattenseite der Orange - Textur zeichnen macht die Oberfläche sichtbar

Im nächsten Schritt können wir mit der dunklen Schattenfarbe weitere Details auf der schattigen Seite der Oberfläche hinzufügen.

Schatten im Schatten? Ja, das sind die dunkelsten Stellen auf der Oberfläche, die Schatten von dortigen Mulden und Kratern.

Auch bei der großen Einbuchtung am Stielansatz ergänzen wir dunklere Stellen.

Weitere Details auf der Schattenseite der Orange
Erkenntnis
  • Sind viele Störungen auf der Oberfläche eng beieinander, verbinde sie zu einer Fläche.
  • Achte dabei darauf, die Ränder der Fläche entsprechend der Störungen zu „stören“.
  • Textur zeichnen macht jetzt die raue Oberfläche sichtbar

Ebenso machen wir das mit der hellsten Farbe. Die ist für die Lichtpunkte, die hellsten Stellen auf der Lichtseite der Orange.

Betrachte genau die Form und Größe der hellen Stellen: es gibt kleine einzelne Punkte von einzelnen Störungen und größere Flecken von größeren Störungen. Sie befinden sich dort, wo die Störungen der Oberfläche ihre Lichtseite haben.

Eine große Ansammlung an Lichtpunkten befindet sich an der Stelle, wo das Hauptlicht auf die Oberfläche trifft.

Details im Licht und Schatten auf der Orange
Erkenntnis
  • Der Schatten ist wichtiger als das Licht, denn üblicherweise zeichnest Du mit dunklem Stift auf helles Papier.
  • Setze keine Lichtpunkte in den Schatten, denn Dort ist kein Licht.
  • Die Textur beschreibt, ob die Oberfläche rau, glatt, matt oder glänzend ist – das Licht und der Schatten machen es sichtbar.

Ich bin sicher, Du siehst jetzt noch genauer hin, wenn Du etwas zeichnen möchtest.

Nun wünsche ich Dir viel Spaß beim Textur zeichnen!

Wenn Dir dieses Tutorial gefallen hat, Du Fragen oder Anregungen hast, oder mehr Tutorials dieser Art wünschst, dann schreib mir einfach einen Kommentar unter diesen Beitrag, erzähle Deinen Freunden davon und teile auf den sozialen Medien.

Ich freue mich darüber, von Dir zu hören!

Pin It on Pinterest