Richtig beobachten –
Linien sehen und Ausrichtung erkennen

In der Sehschule lernst Du, beim Beobachten Deines Motivs auf die wichtigen Dinge zu achten, um es richtig und in Perspektive zeichen zu können.

Lerne in diesem Beitrag, auf Linien zu achten und die Ausrichtung der Dinge zu erkennen.

Feature:

  • Perspektive
  • Zeichnen
  • Malen

Lesedauer:

15 minutes

Materials:

any

Schwierigkeit:

mittel

What's this about?

Zeichenschule – richtig beobachten: die Methode zum Linien sehen und Richtungen erkennen

By: Rainer Schmitten

Wer zeichnen können möchte, muss das Beobachten lernen. Nur, wer auf die richtigen Dinge achtet, kann das zeichnen, was gewünscht ist.

I have four methods of observing , which I worked out to train what is necessary for being able to draw. These are grundlegenden Fertigkeiten, die Du beherrschen musst, wenn Du zeichnen können möchtest. Daraus ergeben sich vier unterschiedliche Methoden des Sehens.

These methods are always combined with each other. A single method is not enough to draw an image to one's satisfaction.

In diesem Beitrag zeige ich Dir an einem Beispiel die Methode zum…

… Linien sehen und Richtungen erkennen.

Zusätzlich werden folgende Methoden zur Beobachtung angewendet:

  • Erkennen von Flächen und Formen
  • Erkennen von Abständen und Beziehungen
  • Erkennen von Unterschieden bei Helligkeit und Farbe

Diese Methoden werden jeweils in einem eigenen Beitrag näher beschrieben. (noch in Arbeit)

 

Neben den Hauptlinien finden sich an den Fachwerkhäusern eine Unzahl an Nebenlinien, die sich ebenfalls einer der drei Raumrichtungen zuordnen lassen.

Contents

Linien sehen

Um die Methode zum Linien sehen und Richtungen erkennen verständlich zu machen, habe ich ein Beispielbild ausgesucht, das viele gerade Linien aufweist: den Innenhof einer mittelalterlichen Gebäudegruppe aus wunderschönen Fachwerkhäusern.

Die Abbildung eines antiken Innenhofs aus Fachwerkbauten weist viele geraden Linien auf, die man zum Zeichnen dieses Motivs richtig erkennen muss. Die Richtung der Gebäude wird durch die Linien erkennbar.

Hier sind auf den ersten Blick jede Menge gerade Linien zu sehen, die in unterschiedliche Richtungen zeigen und unterschiedlich lang sind.

Der vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass es auch gebogene Linien (Kurven) gibt. In diesem Artikel behandeln wir nur die geraden Linien.

Die sichtbaren Linien gehören alle zu Objekten auf diesem Bild:

  • die Fassade eines Hauses auf der linken Seite mit Fenstern, Säulen, Fachwerkbalken und einer Tür,
  • auf der rechten Seite eine weitere Fassade, ebenfalls mit Fenstern, Fachwerkbalken, Säulen und Tür,
  • in der Ecke zwischen den Fassaden einen abgeknickter Treppenaufgang, der halb überdacht in den ersten Stock führt,
  • gepflasterte Bereiche auf dem Boden, längs entlang der Fassaden.

Obwohl klar ist, wie die Objekte Haus, Treppe und Boden räumlich zueinander liegen, müssen wir diesen Zusammenhang genau verstehen, um diese Szene richtig zeichnen zu können.

Die dringendste Frage: Was sind die wichtigsten Linien?

Um das zu beantworten, schauen wir uns das, was wir an Linien sehen, genau an.

 

Das Motiv vereinfachen

Zu welchem Objekt gehören die Linien und was verraten sie uns über die Ausrichtung des Objektes im Raum?

Auf dem Bild ist noch viel zu sehen, das nichts mit Linien und Richtungen zu tun hat.

Damit wir es leichter haben, das Nötige zu erkennen, sollten wir das Bild vereinfachen.

Räumen wir also auf.

Um diel Linien und Richtungen besser zu erkennen,  brauchen wir keine Farben. Das Bild des antiken Innenhofs ist schwarz weiss.

Zuerst können wir die Farbe ignorieren. Die hilft uns nicht.

Wir brauchen auch kein Grau – also weg damit.

Grauwerte zwischen hell und dunkel sind nicht nötig, um Linien und Richtungen zu erkennen. Das Beispielbild des antiken Innenhofs hat keine grauwerte mehr und besteht aus schwarzen und weißen Flächen

Schwarz machen wir Alles, was dunkel ist und alles Helle lassen wir weiss.

Was es mit den Grauwerten zwischen hell und dunkel auf sich hat, erkläre ich im Beitrag über Licht und Schatten.

Nun sind nur noch schwarze und weiße Flächen zu sehen. An den Rändern dieser Flächen sind die Richtungen der Linien deutlich ablesbar.

Noch deutlicher wird es, wenn man die Ränder der Flächen mit Linien nachzeichnet. So werden die Konturen sichtbar.

Schwarze und weiße Flächen lassen Linien, deren Länge und Richtung erkennen.Wenn man die Konturen der Flächen mit Linien nachzieht, sieht es fast schon nach einer Zeichnung aus.

Das sieht schon fast nach einer Zeichnung aus!

Zum erstellen der Beispiele habe ich ein Programm zur Bildbearbeitung genutzt. Wenn Du vor Ort zeichnst, müssen diese Veränderungen in Deiner Vorstellung stattfinden.

Finding
  • Um Linien und Richtungen zu erkennen, ist keine Farbe nötig.
  • Bei eckigen Dingen wie Häusern sind Linien und Richtungen leicht zu erkennen.
  • Flächen erleichtern uns, Linien und Richtungen zu erkennen – Konturen machen sie sichtbar.

Die Richtung der Linien und die Ausrichtung im Raum

In einem meiner Zeichenkurse war einmal ein Schüler, der Physiker war. Auf meine Frage, wie sich Raum beschreiben lässt, antwortete er: „Das kommt darauf an, wie man Raum definiert.“

Beim Zeichnen ist für uns vor Allem das Abbilden der räumlichen Wirkung interessant. Diese entsteht durch

die Ausrichtungen des Raumes, die Ausichtungen des Objekts und die Ausrichtung des Betrachters

Nicht nur Dinge, die sich tatsächlich in einem (gebauten) Raum befinden sind von „Raum“ umgeben. Auch alle Objekte, die draußen sind, also Häuser, Bäume, Straßen, Autos und Menschen befinden sich in einem Umfeld, das sie umgibt.

Also ist Alles, was wir zeichnen können von Raum umgeben.

Zusätzlich steht Alles in einem räumlichen Zusammenhang zueinander.

Als Beobachter stehen wir selbst in räumlicher Beziehung zum Raum um uns herum und zu den Objekten, die wir Beobachten. Zum Beispiel, wenn wir in einem Straßencafé sitzen und den Marktplatz vor uns betrachten, sind wir selbst Teil des Raumes, den wir betrachten. Deshalb verändert sich die Perspektive, wenn wir uns bewegen. Es ist nicht der Raum, der sich ändert, sondern unsere Position in diesem Raum.

Das schöne ist, dass uns die Szene selbst verrät, was wir über die Ausrichtung des Raumes, der Objekte und des Betrachters wissen müssen:

  • welche Linien zu welchem Objekt gehören,
  • wie das Objekt im Raum ausgerichtet ist,
  • sogar, von wo aus die Szene beobachtet wurde (wenn man die Regeln der Perspektive beherrscht).

Das lässt sich alles ganz bequem an den sichtbaren Linien ablesen. Die sind nämlich das sichtbare Ergebnis von der Ausrichtung der Objekte, des Betrachters und des Raumes. Du musst sie nur genau abzeichnen, um die Räumlichkeit auf Dein Papier zu bringen.

Wenn Du die wichtigen Linien richtig erkennst und richtig zeichnest, hast Du damit gleichzeitig die Perspektive (also die räumliche Wirkung) richtig gezeichnet – egal, ob Du Perspektive kannst oder nicht.

Leider ist es unserem Gehirn viel zu anstrengend, die Räumlichkeit einer Szene genau zu verstehen – es ist ja schließlich normal für unser Gehirn, dass unser Umfeld räumlich ist, darüber müssen wir uns im Alltag also keine Gedanken machen.

Für das Zeichnen ist es aber von Vorteil wenn Du verstehst, wie die Räumlichkeit entsteht, die Du abbilden möchtest.

Die Richtungen des Raumes

Raum und Räumlichkeit lassen sich mit drei Richtungen beschreiben:

  • Höhe (oben und unten)
  • Breite (links und rechts)
  • Tiefe (vorne und hinten)

Man spricht auch von Raum-Achsen (Kanten) und Raum-Ebenen (Flächen).

Die Linien unseres Beispielbildes lassen sich auch den drei Raum-Richtungen zuordnen. Jede Richtung hat ihre eigenen Linien.

Schauen wir uns mal die unterschiedlichen Raum-Richtungen mit den dazugehörigen Linien an.

Die Richtung von Linien ist abhängig von der Ausrichtung im Raum. Das Beispielbild zeigt hervorgehobene Linien der Raumrichtung oben / unten, die man auch als Höhenachse bezeichnet.
Höhe

Die roten Linien sind entlang der vertikalen Raumachse also entlang der Richtung oben / unten ausgerichtet.

Egal, ob sich die Linien im Vordergrund des Bildes oder weiter hinten befinden, sie können eindeutig der Richtung oben / unten zugeordnet werden.

Es ist zu beobachten, dass die vertikal verlaufenden Linien

  • links und rechts nicht parallel zu den Bildrändern sind
  • von oben nach unten „aufgefächert“ sind (oben enger unten weiter)
  • ungefähr in der Bildmitte zwischen linker und rechter Seite senkrecht sind (parallel zu den seitlichen Bildrändern)
Die Richtung von Linien ist abhängig von der Ausrichtung im Raum. Das Beispielbild zeigt hervorgehobene Linien der Raumrichtung links / rechts, die man auch als Querachse bezeichnet.
Breite

Die blauen Linien sind entlang der Richtung links vorne / rechts hinten ausgerichtet.

Auch hier ist erkennbar: egal, ob es die Treppenstufe im Vordergrund oder der linke Dachgiebel im Hintergrund ist, beide Linien folgen eindeutig der Raum-Richtung von links vorne nach rechts hinten.

Es ist zu beobachten, dass die blauen Linien

  • oben und unten nicht parallel zu den Bildrändern sind
  • von rechts nach links „aufgefächert“ sind
  • in der oberen Bildhälfte nach oben „kippen“
  • in der unteren Bildhälfte nach unten „kippen“
  • wenig unterhalb der Bildmitte horizontal sind (parallel zum oberen und unteren Bildrand)
Die Richtung von Linien ist abhängig von der Ausrichtung im Raum. Das Beispielbild zeigt hervorgehobene Linien der Raumrichtung vorne / hinten, die man auch als Längsachse bezeichnet.
Tiefe

Die grünen Linien sind entlang der Richtung rechts vorne / links hinten ausgerichtet.

Auch hier ist erkennbar, dass die Linien eindeutig der Richtung von rechts vorne nach links hinten zugeordnet werden können.

Es ist zu beobachten, dass die grünen Linien

  • oben und unten nicht parallel zu den Bildrändern sind
  • von links nach rechts „aufgefächert“ sind
  • in der oberen Bildhälfte nach oben „kippen“
  • in der unteren Bildhälfte nach unten „kippen“
  • wenig unterhalb der Bildmitte horizontal sind (parallel zum oberen und unteren Bildrand)
Die Richtung von Linien ist abhängig von der Ausrichtung im Raum. Das Beispielbild zeigt hervorgehobene Linien, die keiner einzelnen Raumrichtung zugeordnet werden können. Sie liegen frei im Raum.
Freie Linien

Manche Linien sind nicht an einer Raumrichtung ausgerichtet, sondern liegen frei im Raum.

Am Treppenanbau und am Dach sind in grau solche freien Linien eingezeichnet.

Finding
  • Räumlichkeit entsteht durch den Raum, in dem sich das Motiv befindet und wie es darin ausgerichtet ist.
  • Höhe, Breite und Tiefe sind die drei Raum-Richtungen, mit welchen diese Räumlichkeit gezeigt werden kann.
  • Es gibt Linien, die frei im Raum liegen und keiner Raum-Richtung eindeutig zugeornet werden können.

 

  • Durch die Richtung der Linien ergibt sich die Räumlichkeit der Objekte.
  • Wenn Du die Richtungen der Linien genau beobachtest und zeichnest, hast Du gleichzeitig auch die Perspektive richtig gezeichnet.

    Die Richtungen der Objekte

    Auch die kleineren Linien der Fassaden und des Treppenaufgangs lassen sich den Raum-Richtungen Höhe, Breite, Tiefe und Frei zuordnen.

     

    Neben den Hauptlinien finden sich an den Fachwerkhäusern eine Unzahl an Nebenlinien, die sich ebenfalls einer der drei Raumrichtungen zuordnen lassen.

    Hier wird deutlich, dass die Linien nicht nur die Räumlichkeit beschreiben, sondern zudem die Objekte selbst (Fassade, Treppe, Dach, etc.). Auch die einzelnen Elemente wie Fenster, Türen, Stockwerke, etc. werden durch die Linien definiert.

    Durch die Länge und Position der Linien ergibt sich die Größe und Lage des Objekts.

    Durch die Richtung der Linien ergibt sich die Räumlichkeit.

    Welche dieser Linien die wichtigsten sind, um das Motiv zu zeichnen, klären wir als Nächstes.

    Finding
      • Durch die Länge und Position der Linien ergibt sich die Größe und Lage des Objekts.
      • Du musst keine Perspektive können, wenn Du die Linien der Objekte und deren Richtung richtig beobachtest und zeichnest.

        Die Hauptlinien

        Wir haben nun gelernt, dass die Richtung der Linien die räumliche Wirkung der Zeichnung hervorrufen. Das ist also ziemlich wichtig.

        Doch es stellt sich nach wie vor die Frage: Was sind die wichtigsten Linien?

        Am wichtigsten sind die Linien, die nötig sind, um die Größe, die Lage (Position) und die Ausrichtung der wichtigsten Objekte in der Zeichnung zu definieren.

        Das sind in unserem Beispiel

        • Die Höhe, Breite und Räumlichkeit der Fassaden links, und rechts
        • Die Unterteilung der Fassaden: Position, Abstände und Größe der Stockwerke, Fester und Türen
        • Die Größe und Räumlichkeit des Dachs
        • Die Größe und Räumlichkeit des Treppenaufgangs
        • Die Größe und Unterteilung des Bodens

        Zusätzlich nutze ich zur Auswahl der wichtigsten Linien immer die Methode Licht und Schatten sehen. Da wir meistens mit dunklem Stift auf hellem Papier zeichnen, sind die dunklen Stellen des Bildes besonders wichtig. Die hellen stellen sind weniger wichtig.

        Die Hauptlinien definieren die wichtigsten Objekte des Motivs: Höhe, Breite und Unterteilung der Fassaden und die Höhe und Breite des Treppenaufgangs und der Dächer.
        • Die Dachrinne, die dunklen Deckenbalken, die Schatten an den Fensterrahmen und den Mauern unterteilen die Fläche der Fassaden in der Höhe
        • Das Fachwerk und die dunklen Fensterrahmen geben die Größe der Fensterausschnitte vor
        • Die Bodenkante und die unterste Stufe geben die Räumlichkeit des Treppenaufgang vor
        • die dunklen Balken des Treppenaufgangs definieren die Größe.
        Die Hauptlinien geben bereits klar wieder, wie groß die Gebäude sind, wie sie im Raum ausgerichtet sind und wie sie in Stockwerke, Fenster und Türen unterteilt sind.

        Die Hauptlinien machen klar, wie groß die Fassaden sind, wie hoch die Stockwerke, geben die Räumlichkeit wieder und zeigen, wie groß Fenster und Türen sind.

        Licht und Schatten

        Licht und Schatten ist für realistische Zeichnungen ebenso wichtig wie die Räumlichkeit. Bei diesem Beispielbild sind die Schatten als dunkle Flächen eingezeichnet. Die Konturen der Flächen folgen den erkannten Raumrichtungen der Objekte.

        Licht und Schatten ist für realistische Zeichnungen ebenso wichtig, wie die Räumlichkeit. Bei diesem Beispielbild sind die Schatten als dunkle Flächen eingezeichnet. Die Konturen der Flächen folgen den erkannten Raumrichtungen der Objekte und dem beobachteten Schattenwurf.

        Die Methode des Sehens von Flächen und Formen erkläre ich in einem seperaten Beitrag.

        Die Nebenlinien und Farbe

        Der Helligkeitsunterschied zwischen Fensterrahmen und Mauer ist für eine realistische Zeichnung des Motivs ebenfalls wichtig. Da sich die Sprossen der Fenster hell von der dunklen Spiegelung im Glas abheben, bieten sich graue Farbflächen als Hintergund der Fensterausschnitte an. Deren Konturen folgen der Ausrichtung des Objekts.

        Die kurzen Linien der Fenstersprossen bringen mehr Details in die Zeichnung und folgen den entsprechenden Raumrichtungen.

        Sie zeichnen sich hell vor der dunklen Spiegelung im Fensterglas ab, deshalb bieten sich graue Farbflächen als Hintergund der Fensterausschnitte an. Die Konturen der Flächen folgen den Raumrichtungen und sind durch die Hauptlinien begrenzt.

        Zudem ist das Holz der Fensterrahmen dunkler als die gemauerten Bereiche, so wirkt die Zeichnung des Motivs trotz starker Vereinfachung realistisch.

        weitere Details

        Weitere Details ergänzen die Zeichnung des mittelalterlichen Innenhofs mit Fachwerk um markante Dinge, wie die Fachwerkbalken, die Treppenstufen und die Schatten an den Säulen. Je mehr hinzugefügt wird, um so detaillierter wird das Ergebis.

        Weitere Details ergänzen die Zeichnung um markante Sachen, wie die Fachwerkbalken, die Treppenstufen und die Schatten an den Säulen.

        Je mehr hinzugefügt wird, um so detaillierter wird das Ergebis.

        Ich belasse es bei diesen Details, denn das wichtigste des Motivs ist in der Zeichnung umgesetzt.

        I'm sure you'll look even closer now when you want to draw something.

        Now I wish you a lot of fun with drawing!

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